Populäre Repräsentationen des Indischen Ozeans im Kontext der Dekolonisierung (Univ. La Réunion & Luxemburg)

Populäre Repräsentationen des Indischen Ozeans im Kontext der Dekolonisierung (Univ. La Réunion & Luxemburg)

Veranstalter
Universität La Réunion & Universität Luxemburg
Veranstaltungsort
Université de La Réunion
PLZ
97400
Ort
Saint Denis (Réunion)
Land
France
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
07.09.2023 - 09.09.2023
Deadline
15.01.2023
Von
Sonja Malzner, Université de Rouen-Normandie

Internationales Kolloquium an der Universität von La Réunion in Kooperation mit der Universität Luxemburg zum Thema populärkultureller Repräsentationen des Indischen Ozeans im Kontext der Dekolonisierung (1950er- bis 1970er-Jahre)

Populäre Repräsentationen des Indischen Ozeans im Kontext der Dekolonisierung (Univ. La Réunion & Luxemburg)

Dekolonisierung und Unabhängigkeitswerdung stellen einen transkulturellen Prozess von globaler Bedeutung dar, der die ehemaligen europäischen Kolonialmächte dazu zwang, sich politisch, wirtschaftlich, aber auch kulturell neu zu definieren. Im Indischen Ozean und in Ost- und Südafrika erstreckt sich diese Periode von den 1950er- bis zu den 1970er-Jahren, mit Auswirkungen bis in die heutige Zeit. Sie ist gekennzeichnet durch eine Auseinandersetzung mit der Last des kolonialen Erbes, durch Reflexionen über die "Dritte Welt" und die Verantwortung Europas, was sich auch in den sogenannten „populären“ Medien manifestiert. Traditionelle Bilder werden dort in Frage gestellt oder - im Gegenteil - bekräftigt. Die Art und Weise der Selbstdarstellung sowie der Darstellung des Anderen wird neu verhandelt, sowohl in Europa als auch in den Ländern des globalen Südens.

Die Produkte der Massenmedienkultur sind ein wichtiger Vektor für den Kontakt von Kulturen und den Wissenstransfer über die Dekolonisierung. So spielt die Populärkultur nicht nur in Europa, sondern auch in den ehemaligen Kolonien eine herausragende Rolle bei der Entstehung einer postkolonialen Vorstellungswelt über den Indischen Ozean sowie Süd- und Ostafrika. Aus dem etablierten Repertoire kolonialer Darstellungen schöpfend (Nederveen Pieterse, 1992), aber auch inspiriert von den neuen Dynamiken der Zeit, insbesondere im Zusammenhang mit den bedeutenden sozialen Veränderungen während der "langen 1960er Jahre" (Siegfried, 2018), wurden diese medialen Darstellungen und "Bilder der Dekolonisation" (Ganapathy-Doré und Onlinga, 2013) in den Populärkulturen (Mikowski und Philippe, 2015) noch kaum erforscht, insbesondere im deutsch- und französischsprachigen Kontext, wo die Populärkulturen im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien lange Zeit unter mangelnder Anerkennung in akademischen Kreisen litten.

Die Tagung hat zum Ziel, die Verflechtungen zwischen den politischen Prozessen der Dekolonisierung und der Populärkultur zu analysieren. Im Fokus stehen daher Repräsentationen der Länder bzw. Inseln des Indischen Ozeans, Ost- und Südafrikas in der populären Medienlandschaft, wie z.B. Populärliteratur, Abenteuer- und Reiseliteratur, Jugendliteratur, Film- und Fernsehproduktionen, populäre Musik, Zeitschriften, Neuauflagen und Adaptionen bzw. Umschreibungen alter Reiseberichte und (Kolonial-)Romane, sowie touristische Medien wie Reiseführer, Fernsehdokumentationen, Werbung oder Broschüren. Erbeten werden Vorschläge, die aus diesem populären fiktionalen und dokumentarischen Korpus schöpfen, mit besonderer Berücksichtigung (audio-)visueller Quellen sowie Quellen, die Text und Bild verschränken.

Der Ansatz der Tagung ist ein interdisziplinärer, der verschiedene Perspektiven und Methodologien zusammenführen will. Historiker:innen, Geograph:innen, Literaturwissenschaftler:innen, Forscher:innen aus den Bereichen der Medien- und Kunstwissenschaften, der Anthropologie und der Soziologie sind daher eingeladen, Vorschläge zur unterbreiten. Wir ermutigen explizit auch Wissenschaftler:innen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, Beitragsvorschläge einzureichen.

Denkanstöße und mögliche Themenbereiche:

- Repräsentationen des Anderen: Gibt es eine „Dekolonisierung“ des Bildes des Anderen (Re-Konstruktionen nationaler, ethnischer, geschlechtsspezifischer Identitäten ...)?
- Schaffung neuer imaginärer Räume (bezogen auf geographische, sozio-kulturelle, wirtschaftliche, natürliche Räume, Tier-Mensch-Beziehungen)
- Entstehung neuer Themen - oder Kontinuität / Verstärkung / Rückkehr „zu den Wurzeln“ und zur Mythologie, evtl. sogar "Erfindung der Tradition" (Hobsbawm und Ranger, 1983)?
- Prozesse der Unabhängigkeitswerdung und damit zusammenhängend die Frage nach einer zunehmenden Differenzierung der neuen Staaten/Inseln/Nationen in den populären Darstellungen
- Entstehung neuer touristischer Imaginationen in Europa und im indianozeanischen Raum
- Kulturelle (Wieder-)Aneignungen und Empowerment in und durch populäre Medien
- Kontinuitäten, Neuausrichtungen und/oder Brüche im Zeitalter der Dekolonisierung
- Wissenstransfer (Kultur, Politik, Gesellschaft usw.) in der Populärkultur
- Emotionen und Politik: (post-)koloniale Nostalgie, Trauer, Angst, Hoffnung, Euphorie?
- Etc.

Datum der Tagung: 07. bis 09. September 2023

Die Tagung findet im Rahmen des Forschungsprojekts „Popkult60“ (Transnationale Populärkultur - Europa in den „langen“ 1960er Jahren) statt, an dem drei europäische Universitäten beteiligt sind: Universität Luxemburg, Universität Saarbrücken und Universität Jena. Sie wird in Kooperation mit dem Observatoire des Sociétés de l'Océan Indien (OSOI) der Universität La Réunion (Frankreich) organisiert.

Die Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch, Englisch

Bibliographie:
Ganapathy-Doré, Geetha und Michel Onlinga (Hrsg.), Images of decolonization / Bilder der Dekolonisierung, Cergy-Pontoise, SARI, 2013. https://hal.archives-ouvertes.fr/hal-00821522.
Hobsbawm, Eric und Terence Ranger, The Invention of Tradition, Past and Present Publications, Cambridge University Press, 1983.
Mikowski, Sylvie und Yann Philippe (Hrsg.), "Pop Culture! Les Cultures populaires aujourd'hui", Revue Imaginaires no 19, 2015.
Nederveen Pieterse, Jan, White on Black. Images of Africa and Blacks in Western Popular Culture, New Haven/London, Yale University Press, 1992.
Siegfried, Detlef, 1968. Protest, Revolte, Gegenkultur, Ditzingen, Reclam, 2018.

Kontakt

E-Mail: smalzner@web.de
E-Mail: corinne.duboin@univ-reunion.fr
E-Mail: frederic.garan@univ-reunion.fr

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Sprach(en) der Veranstaltung
Französisch
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